Seminar für Indologie und Tibetologie
Johanna MaaßJohanna Maaß |
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Kaṇayamañjarīs rätselhafte Erzählungen: Zu indischen Ursprüngen der Rahmenerzählung von Tausendundeine Nacht

Lange wurde spekuliert wo und wann die berühmte Rahmenerzählung von Tausendundeiner Nacht, die Geschichte des mächtigen Königs Shariyar und der schönen Sheherazade, entstanden ist. Zwei Thesen zur Herkunft wurden dabei besonders rege diskutiert.

Zum einen wurde vor allem von Arabisten und Iranisten die Auffassung vertreten, Tausendundeine Nacht gehe auf ein persisches Ursprungswerk zurück. Dieses Ursprungswerk ist zwar verschollen, wird aber in den Texten arabischer Gelehrter im 9. Jahrhundert nach Christus erwähnt. Andererseits vermuteten vor allem indologische Forscher einen indischen Ursprung von Tausendundeine Nacht. Verschiedene altindische Texte weisen starke Parallelen zu allen Motiven der Rahmenhandlung von Tausendundeiner Nacht auf und lassen sich in Indien vor dem 9. Jahrhundert nach Christus nachweisen. Allerdings gibt es keinen Text, in dem alle Motive gemeinsam auftreten und ein in Indien verschollenes Werk, das Vorläufer von Tausendundeine Nacht sein könnte, wird nie erwähnt.

In dieser Bachelorarbeit wird der Versuch unternommen, alle von Indologen erforschten Parallelen in der indischen Literatur aufzuzeigen und auf Übereinstimmungen mit Tausendundeiner Nacht zu untersuchen. Damit ist erstmalig seit Cosquins 1909 erschienen Aufsatzes über die Rahmenerzählung von Tausendundeine Nacht eine Übersicht über alle indischen Parallelen zur Geschichte von Shariyar und Sheherazade entstanden.

Wie sich zeigt, lässt sich der Großteil der Erzählstränge in der Rahmenerzählung von Tausendundeine Nacht auf indische Quellen zurückführen. Die wenigen Elemente, die sich nicht in indischen Geschichten nachweisen lassen, sind nicht wesentlich und weisen auf eine arabische Einfärbung der Geschichten hin, die über die Jahrhunderte des Bestehens von Tausendundeine Nacht stattgefunden hat.

Die Bachelorarbeit ist auch in der Hoffnung entstanden, dass ein offenerer Austausch zwischen den Fächern Arabistik und Indologie entsteht, da der größte Teil der indologischen Forschung zu Tausendundeine Nacht der letzten zweihundert Jahre von arabistischer Seite her unbeachtet blieb.